Kinder und Jugendliche während Corona

Kinder und Jugendliche während der Corona-Zeit

By on 14. Mai 2021, in Inspirationen

Kinder und Jugendliche leiden immer stärker unter der aktuellen Pandemie. Nicht nur ihre Lebensqualität, sondern auch die psychische Gesundheit hat sich im Verlauf der Corona-Krise zunehmend verschlechtert.In Deutschland zeigen dies Studien wie «Kind sein in Zeiten von Corona» des Deut­schen Jugendinstituts in München oder ak­tuelle Untersuchungen der Universität Hil­desheim. In der Schweiz ist von ähnlichen Entwicklungen auszugehen. Vor allem in Familien mit schwierigen finanziellen Ver­hältnissen beklagen Kinder massive emotio­nale und psychische Probleme.

Viele Kinder (und Erwachsene) sind mit Isolation, Überforderung, Existenzängsten oder häuslicher Gewalt konfrontiert, statt mit Unbeschwertheit, Nähe, Neugierde, Ge­meinschaft und lebendigem Austausch.

Da ich selbst Mutter einer kleinen Tochter bin, sind diese Entwicklungen besorgniser­regend für mich. Kinder brauchen Stabilität und Sicherheit. Und ich wünsche mir nach wie vor, dass meine Tochter – und wir alle – in einer Welt voller Liebe und Ver­trauen leben können. Was kann ich also tun? Was ist für meine Tochter besonders zentral?

Kinder, insbesondere Kleinkinder, nehmen unsere Stimmungslage, unsere Emotio­nen viel stärker wahr als unsere Worte. Spürbare (egal ob ausgedrückte oder nicht ausgedrückte) Emotionen sind hierbei deutlich kraftvoller als gesagte Worte. Haben Sie den Unterschied zwischen einem «Ich liebe dich», welches wirklich aus tiefstem Herzen kommt und einem, das einfach so salopp daher gesagt wurde schon einmal erlebt? Oder eine wirklich ernstgemeinte «Entschuldigung» im Vergleich zu einer ver­meintlich höflichen Entschuldigungs-Floskel? Genau darum geht es. Der Unterschied ist deutlich spürbar – wenn wir es zulassen.

Man könnte auch sagen, dass Kinder noch viel mehr mit dem Herzen hören als mit dem Verstand. Sie sind noch offener und zugänglicher für die emotionale Kommuni­kation. (Das sind wir im Erwachsenenalter im Grunde zwar auch, jedoch übertünchen wir es oft mit unserem Verstand).

Persönlichkeitsstrukturen, Prägungen und Muster, die sich (bis ins Erwachsenenal­ter) tief verankern, stammen oftmals von der vorherrschenden Stimmungslage des eigenen Elternhauses. Also von genau diesen spürbaren Emotionen. Und das ist ei­gentlich unser ganz alltägliches Familienleben.

Wie ist die Stimmung bei Ihnen zuhause? Tagsüber und nach Feierabend? Wie geht es allen Familienmitgliedern? Insbesondere Ihnen als Eltern/Bezugspersonen? Denn das ist es, was sich auf unsere Kinder überträgt. Das liegt in der Natur der Kinder. Sie beziehen die vorherrschende Stimmung auf sich (teilweise bewusst, zum Gross­teil jedoch unbewusst). Die Kinder sind damit ein Spiegel der Eltern, oder wenn man so will der Gesellschaft.

Dass so viele Kinder und Jugendliche aktuell leiden, dass Suizidgedanken und Krankheiten zunehmen, ist für mich ein Zeichen dafür, dass viele Erwachsene, viele Eltern und Bezugspersonen, aktuell hadern – was ja auch absolut nachvollziehbar ist.

Die aktuelle Zeit ist nicht einfach.

Man ist auf sich selbst zurückgeworfen. Es zeigen sich (zumindest in meinem Um­feld) immer mehr Erschöpfungen, Überforderungen und Krankheiten.
Wir können uns mit all den herrschenden Einschränkungen weniger (von uns selbst) ablenken. Für Einige ist dies eine gute Möglichkeit der Selbstreflexion: War mein Le­ben vor Corona wirklich das Leben, das ich leben möchte? Oder war mein Alltag wo­möglich viel zu voll gestopft mit allem Möglichen?

Für Andere ist die aktuelle Situation, in der wir uns nun schon seit über einem Jahr befinden, einfach nur kräftezehrend. Bis jetzt konnte man sich durchschleppen, hoffte auf baldige Besserung und fand Ventile für den ganzen Frust, aber so langsam nagt es an der Zuversicht, und oftmals auch an den finanziellen Reserven.

Gerade für Kinder und Jugendliche ist es in dieser unsicheren, chaotischen Zeit es­sentiell, dass sie präsente Bezugspersonen haben. Bezugspersonen, die sie sehen und (vor allem emotional) für sie da sind. Damit wir unsere Kinder in ihren eigenen Gefühlen, ihrem Frust, ihrer Verzweiflung, ihrer Unsicherheit und ihrer Traurigkeit se­hen und begleiten können, ist es zentral, dass wir präsent sind. Dass wir unseren Herzschlag spüren. Bewusst atmen. Und verbunden sind. Mit uns selbst. Und unse­rem Umfeld.

Eine gute Selbstfürsorge ist jetzt wichtiger denn je.

Wenn Sie es schaffen, immer wieder in dieser Präsenz zu sein, kann auch Ihr Herz wieder seinem natürlichen Rhythmus folgen. Sie können zur Ruhe kommen. Es ge­langen Entspannungshormone in Ihren Kreislauf, die die Hirnfunktionen anregen und neue, kreative, innovative Ideen ermöglichen.

Vertrauen Sie darauf.

Vertrauen Sie auf sich.

Achten Sie gut auf sich.

Für Sie selbst.

Und für unsere Kinder.

Dieser Artikel wurde am 14.05.2021 im BiBo (Nr. 19) veröffentlicht, auf Seite 17 finden Sie den kompletten Artikel: www.bibo.ch.
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