Vom Kopf ins Herz: Teil 6 – Zeitlos Entschleunigen

By on 16. September 2024, in Kolumne "Vom Kopf ins Herz"

Unser Leben ist so extrem schnell geworden – manchmal habe ich das Gefühl, mein Leben fliegt nur so an mir vorbei. Meine Tochter ist gerade erst auf die Welt gekommen und schon ist sie im Kindergarten. Mein Sohn ist bereits anderthalbjährig und erkundet die Welt ganz selbstständig. Es ist schon 10 Jahre her, dass mein Mann und ich auf Weltreise waren und auf Fiji geheiratet haben und wenn ich mit meinen Freundinnen über damals – früher, noch in der Schule – spreche, machen wir alle grosse Augen, wie lange das schon her ist…

Die Zeit rast und es ist immer irgendetwas los. Umso wichtiger ist es für mich, immer wieder Tage zu haben, an denen wir keine Termine, keine Verpflichtungen haben. Auch meine Kinder lieben dies! Es sind die Tage, an denen meine Kinder ganz in ihren Spielen aufgehen. Tage, an denen unser Wohnzimmer ein Zelt wird und unser Bett eine Bärenhöhle.

Aber ich nehme mir auch immer wieder Zeiten, einfach nur für mich alleine.

Wann hast du das letzte Mal einfach nichts gemacht? Kein Smartphone, kein Fernsehen, kein Buch, keine Zeitung, kein Spazierengehen, kein Gespräch, keine Gesellschaft, nichts. Nicht mal eine Meditation oder Musik. Einfach nichts. Stille. Einfach nur Zeit mit dir? Dich selbst wahrgenommen und gespürt, was in dir vorgeht?

In unserer Gesellschaft, in der immer alles schneller, höher und besser sein muss, ist Nichtstun oftmals negativ behaftet. Viele Menschen empfinden Nichtstun und Langeweile als unangenehm. Wenn wir uns langweilen, erleben wir meist eine ganz bestimmte Unruhe im Körper – wir fühlen uns vielleicht leer oder traurig und machen deshalb alles, um erst gar keine Langeweile aufkommen zu lassen. Wir sind ständig unterwegs, füllen unseren Terminkalender mit einem Treffen hier und einem Dinner da und hasten rastlos von einem Event zum nächsten. Andere versuchen ihre Langeweile mit Essen oder Alkohol zu betäuben. Oder sie schauen stundenlang fern, scrollen auf Social Media rauf und runter in der Hoffnung, vielleicht doch noch einen neuen Post zu entdecken oder aktualisieren den E-Mail-Posteingang im 20 Sekunden-Takt. Diese Form des Zeitvertreibs ist jedoch – wer hätte es gedacht – meist wenig befriedigend und so sind wir hinterher oftmals noch unzufriedener.

In einer Zeit, in der alle darüber klagen, dass sie zu viel um die Ohren haben, könnte es ja durchaus positiv sein, mal nichts zu tun. Befreit von Pflichten könnte man das Nichtstun und die Leere geniessen und sich lustvoll der Langeweile hingeben. Langeweile ist nicht Faulheit, sondern sie ermöglicht uns den Blick nach innen zu richten, Zeit mit sich selbst zu verbringen und sich selbst kennenzulernen. Nicht denken, nicht müssen, nicht agieren – einfach Sein, sich spüren. Wenn Leere, Trauer, Angst oder Wut auftreten, ist das völlig normal und in Ordnung. Die Gefühle fliessen lassen. All das hilft, wieder eine innere Balance herzustellen.

Zudem können Momente der Langeweile dabei helfen, sich auf das zu besinnen, was man wirklich will und neue Ziele zu setzen. Sie sind eine kreative Kraft und eine Quelle der Inspiration!

Also, verabrede dich zur Abwechslung mal mit dir selbst – hab ein Date mit dir. Nimm dir Zeit, um nichts zu tun. Lass die Langeweile zu… und die Wunder des Lebens werden wieder sichtbar!

Wann hast du dich das letzte Mal gelangweilt?

Die Sommerkolumne 2024 besteht aus sechs Teilen, hier findest du die komplette Kolumne.